Warum schreiben Sie in Mundart und seit wann?

Das werde ich oft gefragt.
Herbschd: Weinlese im Kraichgau Es begann mit einer Parodie. Mein Gedicht "Herbschd" sollte den vielen, vielen Herbstgedichten bekannter Autoren in ironischer Absicht ein weiteres hinzusetzen. Anklänge an Rainer Maria Rilke vermengt mit Zuckerrüben und Atomkraftwerk - das war die eher parodistisch gedachte Mischung. Heraus kam allerdings auch ein gewisser Realismus. Der poetische Herbst wurde nicht völlig untergepflügt, sondern mit neuem Mundart-Dünger versorgt. Bei einem der ersten Mundartwettbewerbe für Nordbaden erhielt ich um 1990 eine lobende Erwähnung und die Einladung von Dr. Rudolf Stähle, den Text für den damaligen SDR zu sprechen. Weil mich außerdem Dr. Bernhard Stier, Reiner Schmidt und Andrea Sitzler vom gerade gegründeten "verlag regionalkultur" ermunterten, es doch mal mit noch mehr Texten für eine kleine Sammlung zu versuchen, begann ich weitere Mundartgedichte zu produzieren. Das hätte ich mir noch im Germanistik- und Politikstudium nie träumen lassen, aber so geht's. Und im Jahr 2004 erhielt ich die freundliche Mitteilung, dass mein Gedicht in dem Vortrag "Marginalien zur Rilke-Forschung" von Literatur-Professor August Stahl vollständig zitiert und später in den "Blättern der Rilke-Gesellschaft" (25/2004, S. 221) abgedruckt wurde. So hat selbst Mundart-Dichtung Folgen.

Der Dialekt meines Heimatorts Bad Schönborn (Mingolsheim und Langenbrücken) gehört sprachwissenschaftlich zur südfränkischen Mundart. Sie wird in einem Band von südlich Karlsruhe bis fast an den Main bei Würzburg gesprochen. Weite Teile Nordbadens gehören zum südfränkischen Sprachraum, deshalb verwende ich auch den Ausdruck nordbadischer Dialekt.

Bekannter als das Südfränkische sind die großen Nachbarmundarten Pfälzisch (wissenschaftlich als Rheinfränkisch bezeichnet), Schwäbisch und Alemannisch.

Meine engere Sprachheimat kann auch als Raum Bruchsal bezeichnet werden. Der bis 1973 bestehende Landkreis Bruchsal ging aus dem Fürstbistum Speyer hervor, das als kleines Land zwischen Kurpfalz und Baden über Jahrhunderte seine Eigenständigkeit bewahrte. Auch in der Sprache. (Paul Waibel verfasste 1932 eine bemerkenswerte Dissertation darüber.) Da mein Heimatort Bad Schönborn an der Grenze zur heutigen Kurpfalz liegt und ich seit einiger Zeit auch in der Kurpfalz wohne, sind Anklänge an diese Mundart nicht zu verleugnen.

Meine Gedichte erheben nicht den Anspruch, einen Ortsdialekt lautgetreu wiederzugeben. Die Verwendung der - keineswegs beliebigen - Mundart geht auf einen literarischen Impuls zurück. Zur leichteren Lesbarkeit wurde eine Wiedergabe gewählt, die sich häufig an der Schriftsprache orientiert.


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